Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern zur Verordnung zur Umsetzung des Gesetzes über Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag im Meldewesen des Landesverband Trans-inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V.
Sachlage
Der von der Bundesregierung eingebrachte Vorschlag sieht vor, dass in den Datensatz für das Meldewesen drei neue Datenblätter zum früheren Geschlechtseintrag aufgenommen werden. Diese sollen die Speicherung des Geschlechtseintrags vor der Änderung nach § 2 SBGG (Datenblatt 0702), das Datum der Änderung des Geschlechtseintrags (Datenblatt 0703) sowie die Behörde, die die Änderung des Geschlechtseintrags vorgenommen hat und das Aktenzeichen (Datenblatt 0704) festlegen. Diese Datenblätter sollen auch in die Rechtsverordnungen zum Bundesmeldegesetz aufgenommen werden. Laut der Bundesregierung soll qualitativer Nutzen der Änderung sein, dass Personen, die ihren Geschlechtseintrag und ihre Vornamen geändert haben, in verschiedenen amtlichen Registern und amtlichen Informationssystemen weiterhin identifiziert werden können und ihre Identität nachvollziehbar ist. Als Beispiele werden insbesondere das Bundeszentralamt für Steuern und die Datenstelle der Deutschen Rentenversicherung aufgeführt. Alles in allem soll durch diese Initiative des Bundesgesetzgebers eine Ausweitung der Weitergabe der Datenfelder zu den früheren Vornamen erfolgen.
Das Tätigwerden der Bundesregierung in dieser Sache ist im Zusammenhang mit der entsprech-enden Passage im Koalitionsvertrag zu sehen, bei der es um die bessere Nachverfolgbarkeit aller Personen bei berechtigtem öffentlichem Interesse bei Namensänderungen geht (Koalitionsvertrag S. 104).
Bewertung
Als Landesverband Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland sehen wir das Vorhaben des Bundesministeriums des Innern äußerst besorgniserregend. Diese Regelung ist nicht verhältnismäßig. Die vorliegende Regelung betrifft den Bereich der grundrechtlich geschützten Intimsphäre als Ausfluss des allg. Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 1 GG). Besonders trans*, inter* und nichtbinäre Personen sind in den letzten Jahren in hohem Maße mit Hasskriminalität konfrontiert. Das Offenlegen dieser sensiblen Informationen und deren Speicherung an verschiedenen behördlichen Stellen darf nur unter sehr engen Voraussetzungen geschehen.
Aus unserer Sicht ist diese Regelung in Bezug auf die Information des Geschlechtseintrages zu weitgehend und für den Zweck der Nachverfolgbarkeit nicht notwendig und nicht angemessen. Die Regelung wird vom Bundesministerium des Innern wird damit begründet, dass mit Blick auf Namens- und Geschlechtseintragsänderungen nach dem o.g. Gesetzes eine bessere Nachverfolgbarkeit bei berechtigtem Interesse bestünde. Ein solches Interesse ist jedoch nicht ausreichend begründet und einer Prüfung von milderen Mitteln des Grundrechtseingriff nicht erfolgt. Was die mehrfach zitierten Datenübertragungen an das Zentralamt für Steuern oder die Datenstelle der Deutschen Rentenversicherung anbelangt, äußerst fraglich. Auch konnte das Bundesministerium des Innern im Referentenentwurf nicht glaubhaft darlegen, dass es erforderlich ist, diese Daten zu übertragen. Hier ist das berechtigte Interesse gerade nicht ersichtlich. Es ist völlig unklar, weshalb etwa das Zentralamt für Steuern oder die Datenstelle der Deutschen Rentenversicherung Angaben zum früheren Geschlechtseintrag, also äußerst sensible Daten, für ihre Aufgabenerfüllung benötigen sollten. Es könnte sogar argumentiert werden, warum die Angabe des Geschlechtes für Steuerbehörde und Rentenversicherung überhaupt zwingend notwendig ist. Die einmalige Änderung des Vornamens und der Geschlechtsangabe zur Verknüpfung mit der beispielsweise steuerlichen Identifikationsnummer oder Rentenver-sicherungsnummer ist ausreichend und als milderen Grundrechtseingriff zu werten. Eine rückwirkende Nachvollziehbarkeit auf Basis des Geschlechtseintrages erschließt sich für uns nicht. Außerdem wird der Eingriff in die Grundrechte der einzelnen Person auf Grundlage einer Verordnung aus unserer Sicht kritisch bewertet. Der dadurch erfolgende Grundrechtseingriff wäre sehr hoch und mittels einer Verordnung mit dem Zwecke der Nachverfolgbarkeit nur schwer zu rechtfertigen.Als Landesverband sehen wir in diesem Vorgehen ebenfalls einen Verstoß gegen den Grundsatz der Datenminimierung. Besorgt zeigen wir unsauch hinsichtlich der Problematik, dass nicht mitgeregelt wird, wie eine diesbezügliche Auskunftssperre nach BMG erwirkt werden kann und noch unklar ist, inwiefern die neuen Datenblätter wiederum bei Datenabfragen an anderen behördlichen Stellen herausgegeben werden können. Dazu hatte der Bundesbeauftragte für Datenschutz im Gesetzgebungsverfahren zum SBGG ausführlich Stellung bezogen.
Zusammenfassend sehen wir als Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt und kritisieren den Referentenentwurf drastisch.
Zwickau, 10.07.2025
Silvia Rentzsch
Geschäftsleitung Landesverband
Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V.
Kontakt: s.rentzsch@trans-inter-aktiv.org

 
        
       
        
       
        
      




 
  
 



