Zwischen den Themenkomplexen sexueller Grenzverletzung einerseits und Intersexualität und Transsexualität andererseits wurden Parallelen und Überschneidungen bislang vorwiegend aus aktivistischen Kontexten ausgeklammert und selten thematisiert, zudem die Zahl akademischer Zugänge bislang recht übersichtlich ausfällt, zumindest im deutschen Sprachraum.
Auch wenn nur wenige Menschen von Intersexualität oder von Transsexualität betroffen sind, zeigen bisherige Veröffentlichungen und Schilderungen von Patienten, dass diese Personen ein deutlich höheres Risiko aufweisen, sexuelle Grenzverletzungen zu erleiden, als von der Gesamtbevölkerung anzunehmen ist. In Hinblick auf Menschenrechte und Minderheitenschutz ist es geboten – bislang aber selten erfolgt – diese Personengruppen mit zu berücksichtigen. Dies geschieht ebenso durch Fachkräfte, die bislang noch nicht mit solchen Personen betraut waren – oder einfach dieser Menschen noch nicht gewahr wurden.
Die Parallelen zwischen medizinischen und psychotherapeutischen Behandlungsprogrammen früherer Jahrzehnte und ritualisierten Formen sexualisierten Missbrauchs sind erheblich, geradezu frappierend. Hinzu kommt der Umstand, daß die Betroffenen dadurch ein höheres Risiko für sexuelle Grenzverletzungen außerhalb der sanktionierten medizinisch-psychologischen Räume aufweisen. Letztlich scheuen sich die doppelt Betroffenen mehr als andere Menschen, nach Hilfe zu suchen, zumal auch Vereine und Beratungsstellen hinsichtlich sexualisierten Missbrauchs den Betroffenen oft nur beschränkte oder kompromisshafte Hilfsangebote anbieten. Summa summarum soll für mehr wechselseitiges Verständnis durch Austausch geworben und hierauf aufbauende Empfehlungen formuliert werden.